Manchmal höre ich von Menschen, die spirituellen Lehrern oder Gurus folgen, die sie anbeten und verehren. Auch ich, so „empfahl“ man mir enthusiastisch, könne doch die Botschaft dieses oder jenen Gurus verbreiten, zum Wohle aller …
So sah ich mir benannte „Gurus“ näher an und bringe es weder mit meinem Gewissen noch mit meiner Auffassung von echter Spiritualität und wahrer Ethik in Einklang, für besagte Gurus die Bühne zu beleuchten …
Nun, nicht jeder, der erhöhte Energie hat oder spirituelle Botschaften anbietet, lebt und kennt eine „saubere“ Ethik, und wenn dieser einem Missverständnis aufsitzt oder aus einem egoistischen Antrieb handelt, kann er schwächend auf den Geist und die Seele eines Anhängers wirken. Nicht jeder, der Charisma hat und Rhetorik beherrscht, ist deshalb „gut“.
Es ist wahr, dass in alten Klöstern Gehorsam gegenüber den Regeln erforderlich war, um das Ego zu zähmen, und um die Gemeinschaft leichter zu verwalten. Für einen spirituellen Sucher, der sich zu einer bestimmten Verpflichtung/Tradition hingezogen fühlt, mag dies eine Option sein. Aber wenn es zu sexuellen Gefälligkeiten oder einer blinden Anbetung eines Individuums kommt, ist der Weg m. E. verfehlt.
Erwachen braucht nicht unbedingt eine disziplinierte Einstellung, noch weniger komplette Selbstaufgabe. Menschen erwachen außerhalb von religiösen oder spirituellen Traditionen und aus vielen verschiedenen Gründen, während sie in gewöhnlichen Lebensstilen auf der ganzen Welt leben.
Es ist wichtig, das Leben und die Anhänger eines Lehrers zu beobachten, zu wissen, ob das, was ein Guru/Lehrer lebt, richtig ist. Es ist wichtig, die wahre Absicht von jedem zu verstehen, der spirituellen Rat anbietet. Wer fühlt, dass ein Fortschritt/ein Erwachen nur durch Opferung der eigenen Wahrnehmung gelingt, wie z. B. „blinder“ Verehrung, oder gar ein Diener für die persönlichen Bedürfnisse oder sexuellen Launen eines anderen zu werden, ist vermutlich Anhänger eines nicht ethisch handelnden Gurus/Lehrers (geworden). Bedauerlicherweise wird sich kaum ein unethisch handelnder Guru als solchen selbst erkennen und deklarieren, sondern eher Anhänger als „unfertig“ und Kritiker als „lieblos“ bezeichnen.
Wir alle finden die Wahrheit dessen, wer wir sind, durch eine innere Konfrontation mit allem in uns, durch eine Bewegung in die tiefe Stille im Kern unseres Seins.
Echte Lehrer zeigen in diese Richtung, und wenn ein Anhänger Liebe für einen Lehrer fühlt, zeigt ein wahrer Lehrer, dass es das eigene Selbst ist, das gefühlt wird. Man erlebt seine eigene wahre Natur durch seinen Lehrer. Ein wahrhaftiger Lehrer wird die persönliche Autonomie und Authentizität eines Anhängers fördern, anstatt diese als „Ego“ zu klassifizieren und für sich selbst zu instrumentalisieren.
Erwachte Menschen, ethische Gurus, sind mitunter nicht perfekt, aber sie haben nicht die Absicht, einen anderen zu (be)schädigen.
Was ist der Unterschied zwischen Erleuchtung, Erwachen und Weisheit?
Das erfährst du im nachfolgenden Artikellink, klick hier.
Wie unterscheidet man einen echten Guru von einem „falschen“?
Das erläutert Sukadev V. Bretz, Autor von Die Kundalini Energie erwecken, in diesem Youtube-Video, Dauer ca. 5 Minuten, sehr sehens-, bzw. hörenswert. „Guru“ wird hier im yogischen Verständnis begriffen.
[arve url=“https://www.youtube.com/watch?v=XMHC27bmIHw“ title=“Wie man einen guten Guru (spirituellen Lehrer) erkennt“ description=“Wie man einen guten Guru (spirituellen Lehrer) erkennt“ duration=“5M“ /]
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Verwandter Artikel: Ethik als Basis authentischer Spiritualität
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Hallo an alle, die den Artikel gelesen haben: ich kann alles, was Du schreibst, Tanja, zu 100% bestätigen!!! Es gibt Gurus, die eindeutig Anbetung und Unterwerfung mehr oder minder offensichtlich verlangen. Aus eigener Erfahrung bin ich froh, dass ich meine Kritikfähigkeit nicht an die Nagel gehängt habe. Was einen echten bzw. Guru ausmacht, kann man auch in der Autobiographie eines Yogi nachlesen.
Erleuchtung liegt nicht auf der Strasse, deswegen ist ein „Guru“ manchmal auch ein geschickter Blender, Egomane, seine „Organisation“ beinahe sektenartig. Habe daher den Mut, dich deines eigenen Verstandes und deines Gefühls zu bedienen.
Liebe Diana,
herzlichen Dank für deinen Kommentar. 🙂
Ja, es freut mich deine „Meinung“ dazu generell, aber auch, dass du auf das Buch „Autobiographie eines Yogi“ hinweist, das auch ich jedem nur ans Herz legen kann. Ein etwas in Jahre gekommenes aber immer noch zeitloses und wunderbares Werk. Vielen Dank!
Lieber Gruß,
Tanja
Liebe Tanja,
danke für diesen bemerkenswerten Text! Vertrauen in einen spirituellen Meister bzw. eine spirituelle Meisterin zu entwickeln ist ein wichtiges Thema und ich freue mich, dass du darüber schreibst. Ich würde ihn gern mit einer kleinen Anekdote kommentieren:
Ein Freund von mir, ein brasilianischer buddhistischer Mönch, erzählte mir vor einiger Zeit wie er mit seinem, in die Jahre gekommenen, spirituellen Meister spazieren ging. Dabei fragte er seinen Meister: „Was soll ich tun, falls ich nicht vor dir sterbe; wer wird dann mein spiritueller Meister sein? Soll ich nach einem Kind suchen? Oder wird die Leiterin unserer Tradition meine spirituelle Meisterin sein?“ Der Meister antwortete: „Natürlich musst du die Leiterin unserer spirituellen Tradition respektieren, aber dein spiritueller Meister ist deine eigene innere Weisheit. Die ist es, auf die du dich verlassen musst.“
LG
Gyudzhin
Lieber Gyudzhin,
danke für Dein Kommentar. „Dein spiritueller Meister ist deine eigene innere Weisheit“ – das ist sehr wohl wahr, denn alles ist in uns bereits angelegt, auch dieses höhere Selbst, das wir in uns finden müssen und der uns wie ein Lehrer leitet bzw. wir selbst sind zugleich Schüler und Lehrer.
Sich von einem spirituellen Lehrer zu „trennen“ bleibt keine leichte Aufgabe, emanzipiert zu sein erfordert starke Unabhängigkeit. Ich hatte meinen Lehrer, den ich mir selbst „ausgesucht“ hatte, nur 4 Jahre, danach war es schwer, auf eigenen Beinen zu stehen.
Die Frage, ob wir einen Guru bzw. Lehrer brauchen, ist im Prinzip mit Nein zu beantworten. Nur sucht jemand am Anfang des „Erwachens“ oft einen Lehrer, der schon weiter ist als man selbst und der einem wichtige Impulse weitergeben kann. Es ist wohl eine schöne, aber schwere Meisterschaft, ein Leben lang sozusagen ein Schüler und zugleich auch sein eigener Lehrer zu bleiben/werden.
Lg Diana
Liebe Diana,
danke, dass du auf meinen Kommentar reagierst und deine Erfahrungen mit uns teilst! Du hast da offensichtlich einiges durch. Umso besser, dass darüber gesprochen wird. Im allgemeinen ist das ja kein Thema, worüber in den Nachrichten berichtet wird oder man sich öffentlich austauscht. Ich denke, dass du mit Tanja eine Person gefunden hast, mit der es sich lohnt, sich über diese Dinge auszutauschen.
Ich kann immer nur meinen Sülz aus buddhistischer Sicht dazugeben und ich denke ich tue mehr Leuten einen gefallen, wenn ich eben dies unterlasse. Nichtsdestotrotz ist meine Meinung, dass die Frage, ob wir einen Guru brauchen oder nicht etwas sehr persönliches ist und jede Person da ihre eigene Antwort finden muss. Aber wenn wir diese Frage prinzipiell mit Nein beantworten, dann macht die Frage, woran man einen guten Guru erkennt doch nicht wirklich Sinn, oder? Wenn ich mir keine Hose kaufen will, dann brauche ich sie ja auch nicht anzuprobieren. Erst wenn wir sie bejahen bekommt sie eine große Bedeutung. Und ich finde Tanja´s Anmerkungen dazu eben sehr wichtig.
Vielleicht noch eines: Einmal, nachdem der o.G. Meister seine Erlärungen über die Medizin-Buddha (eig. Medizin-Guru) Praxis abgeschlossen hat, hat er zu seinen Schülerinnen und Schülern gesagt: „Ihr habt die Freiheit, zu glauben, was ihr wollt. Und ich habe die Verantwortung euch klare Unterweisungen zu geben.“
Wir haben immer Freiheit. Und die müssen wir benutzen, damit wir sie nicht verlieren. Um das gesagte sorgfältig zu prüfen, um zu eigenen Schlüssen und zu eigenen Erkenntnissen zu gelangen.
Liebe Grrüße, also!
Gyudzhin
Liebe Tanja, lieber Gyudzhin,
danke sehr für die Antwort. Eigentlich habe ich nicht gesagt, dass man gar keinen Lehrer braucht, sondern dass man am Anfang schon jemanden braucht, der einen „wachruft“. Aber früher oder später muss man Abschied nehmen, und oft ist der Abschied unfreiwillig, sei es durch Tod (eigentlich Verlassen des Körpers) oder weil der Lehrer/Guru/Meister einen verkennt bzw. nicht schätzt.
Ich brauche sehr wohl einen, aber den kann ich mir nicht einfach so backen oder zurückholen. Natürlich spüre ich tief in mir, wer mein Lehrer ist. Er spürt es aber nicht, dass ich seine Schülerin bin.
Deswegen sage ich, IM PRINZIP braucht man keinen, den bei jeder Begegnung ist schon ein Abschied innewohnend. Es ist klar, dass Unterweisungen von einem Lehrer dazu dienen, selbst aktiv zu werden und auf eigenen Beinen zu stehen. Und in der Tat ist schon „Alles in uns“, wir müssen und sollen die göttliche Kraft in uns finden. Manche kriegen viel geschenkt und manche müssen halt durch viele Schmerzen und Metamorphosen hindurchgehen, um wahrscheinlich daran gestärkt zu werden. Mein Schicksal bisher gehört in die zweite Kategorie, aber ich bin damit einverstanden, dass es eben hart sein muss. Sonst verharre ich ewig in der Opferhaltung. Daraus erwächst keine Energie. So akzeptiere ich eben alles so, wie es ist, wie es kam, ich fühle den Schmerz, aber ich sehe auch Licht und Rettung. Und ich lerne dabei eine Menge. Möglicherweise wird mir das zugutekommen, sollte ich einmal auch Verantwortung für andere übernehmen.
Summa summarum: nichts geschieht ohne Grund und diese Schmerzen müssen, auch wenn ich jetzt nicht einsehen kann, warum (das Drehbuch der Schicksalsgöttinnen nicht lesen kann), irgendwie sein und irgendwann werde ich auch alles durchblicken und sagen können: alles ist gut.