Von Jonas Zeppenfeld: Luzides Träumen bedeutet, während eines Traums bei Bewusstsein zu sein. Dies geschieht typischerweise während des REM-Schlafes (Rapid Eye Movement), dem Traumstadium des Schlafes.
Schätzungsweise 55 Prozent der Menschen hatten in ihrem Leben bereits einen oder mehrere luzide Träume. Rund ein Viertel aller Menschen haben sogar einmal monatlich solch klare Traumerlebnisse.
Während eines luziden Traums bist du dir deiner selbst und all deiner Fähigkeiten bewusst. Es ist eine Form der Metakognition oder auch der Erkenntnis deines Bewusstseins. Durch klares Träumen gelingt es dir, deine Träume zu steuern.
Die Geschichte des luziden Träumens
In den letzten 20 Jahren hat sich der Psychophysiologe Dr. Stephen LaBerge zum Pionier der luziden Traumforschung entwickelt. Er hat nicht nur eine der beliebtesten Techniken des luziden Träumens erfunden, sondern auch viele wissenschaftliche Studien zu diesem Thema durchgeführt.
Die Arbeit von LaBerge hat Forschern geholfen, die therapeutischen Vorteile des luziden Träumens zu entdecken. Es kann bei der Behandlung von Erkrankungen wie PTBS, wiederkehrenden Albträumen und Angstzuständen Abhilfe schaffen.
Luzides Träumen geschieht normalerweise spontan. Es ist jedoch möglich, luzides Träumen bewusst zu erlernen.
Wie man luzid träumt
Luzide Traumtechniken trainieren deinen Geist und helfen dir dabei, dein eigenes Bewusstsein zu erforschen. Sie können dir ebenso dabei helfen, das Bewusstsein wiederzugewinnen oder aufrechtzuerhalten, wenn du in den REM-Schlaf eintrittst.
1. Realitätsprüfung
Die Realitätsprüfung ist eine Form des mentalen Trainings. Es erhöht die Metakognition, indem es deinen Geist darauf trainiert, dein eigenes Bewusstsein wahrzunehmen.
Erkenntnisse aus der kognitiven Neurowissenschaft zeigen, dass dein Metakognitionsniveau in deinen Wach- und Traumzuständen ähnlich ist. Eine höhere Metakognition während des Wachseins, kann demnach auch zu einer höheren Metakognition während des Traumes führen.
Dies kann mit dem präfrontalen Cortex des Gehirns in Verbindung stehen, jener sowohl bei der Realitätsprüfung als auch beim luziden Träumen eine Rolle spielt. Um deine Metakognition zu verbessern, kannst du Realitätstests durchführen, während du wach bist.
Führe hierzu die folgenden Schritte mehrmals täglich durch:
- Frage dich: „Träume ich?“
- Überprüfe deine Umgebung, um festzustellen ob du träumst oder nicht
- Beachte dein eigenes Bewusstsein und wie du dich mit deiner Umgebung beschäftigst
Du kannst alle zwei oder drei Stunden einen Alarm einstellen, um dich daran zu erinnern, eine Realitätsprüfung durchzuführen
Dies sind weitere allgemeine Realitätsprüfungen, mit denen Menschen luzide Träume verwirklichen:
- Der Spiegel: Überprüfe dein Spiegelbild und stelle fest, ob es normal aussieht
- Feste Objekte: Drücke deine Hand gegen eine Wand oder einen Tisch und prüfe so, ob sie hindurchgeht. Einige Leute drücken ihre Finger dafür auch einfach in ihre gegenüberliegende Handfläche
- Hände: Schau dir deine Hände an. Sehen sie normal aus?
- Zeit: Wenn du träumst, ändert sich die Zeit auf einer Uhr ständig. Wenn du jedoch wach bist, wird sich die Zeit kaum ändern
- Atmung: Bei diesem beliebten Realitätstest kneifst du dir in die Nase und prüfst damit, ob du atmen kannst. Wenn du noch atmen kannst, träumst du.
Es wird empfohlen, einen Realitätstest auszuwählen und diesen mehrmals am Tag durchzuführen. Dies wird deinen Geist darauf trainieren, die Realitätsprüfungen auch während des Träumens zu wiederholen, die führt wiederum Schritt für Schritt zu luzidem Träumen.
2. Wach zurück ins Bett (WBTB)
Bei der „wach zurück ins Bett“-Methode (WBTB-Walking back to bed) musst du in den REM-Schlaf eintreten, während du noch bei Bewusstsein bist.
Es gibt viele Versionen von WBTB, beachte jedoch vor allem diese Technik:
- Stelle nach dem Schlafengehen einen Alarm für in fünf Stunden ein
- Gehe wie gewohnt schlafen
- Wenn der Alarm ausgelöst wird, bleibe 30 Minuten lang wach. Genieße eine ruhige Aktivität wie z.B. Lesen. Auch eine kurze Meditationszeit kann in dieser Phase sehr hilfreich sein, um deinen Geist zu beruhigen.
- Schlafe wieder ein
- Wenn du wieder einschläfst, ist es wahrscheinlicher, dass du luzid träumen wirst. Wähle noch im Wachzustand eine Aktivität aus, die volle Aufmerksamkeit erfordert.
Laut einer Studie der wissenschaftlichen Fachzeitschrift PLOS ONE hängt die Wahrscheinlichkeit luzid zu träumen von der Wachsamkeit und nicht von der spezifischen Aktivität ab.
3. Mnemonische Induktion luzider Träume (MILD)
1980 schuf LaBerge eine Technik namens Mnemonic Induction of Lucid Dreams (MILD). Es war eine der ersten Methoden, die in der wissenschaftlichen Forschung genutzt wurden, um luzide Träume hervorzurufen.
MILD basiert auf einem Verhalten, jenes als prospektives Gedächtnis bezeichnet wird und das die Absicht beinhaltet, etwas zu einem späteren Zeitpunkt zu tun.
Bei der MILD-Methode möchtest du dich sozusagen daran erinnern, dass du träumst.
So verwendest du die MILD-Methode:
- Denke beim Einschlafen an einen neuen Traum
- Identifiziere ein „Traumzeichen“ oder etwas, das im Traum unregelmäßig oder seltsam ist. Ein Beispiel ist die Fähigkeit zu fliegen
- Denke daran, zum Traum zurückzukehren. Erkenne an, dass das Traumzeichen nur erscheint, wenn du träumst
- Sage dir: „Wenn ich das nächste Mal träume, möchte ich mich daran erinnern, dass ich träume.“ Rezitiere den Satz in deinem Kopf
Du kannst die MILD-Methode ebenfalls üben, nachdem du mitten im Traum aufgewacht bist. Dies wird empfohlen, da der Traum zu diesem Zeitpunkt noch frisch und in deinem Kopf präsent ist.
Eine Studie der Zeitschrift Dreaming aus dem Jahr 2017 ergab, dass eine Kombination aus Realitäts-Tests, WBTB und MILD am besten funktioniert.
Du kannst WBTB mit MILD kombinieren, indem du den Alarm so einstellst, dass er dich in fünf Stunden weckt. Übe MILD, während du wach bist.
4. Ein Traumtagebuch führen
Das Führen eines Traumtagebuchs ist eine beliebte Methode, um luzides Träumen zu initiieren. Wenn du deine Träume aufschreibst, musst du dich daran erinnern, was in deinem Traum passiert ist. Es soll dir dabei helfen, Traumzeichen zu erkennen und das Bewusstsein für deine Träume zu stärken.
Um die besten Ergebnisse zu erzielen, protokolliere deine Träume sobald du aufwachst. Lese das Traumtagebuch immer mal wieder.
5. Wach herbeigeführtes luzides Träumen (WILD)
Ein Wake-Initiated Lucid Dream (WILD) entsteht, wenn du direkt aus dem Wachheitszustand in einen Traum eintrittst. Es heißt, WILD hilft deinem Geist, bei Bewusstsein zu bleiben, während dein Körper schlafen geht.
Lege dich hin und entspanne solange bis du eine hypnagogische Halluzination erlebst. Dieser besondere Bewusstseinszustand tritt immer dann auf, wenn du ganz kurz vor dem Einschlafen bist. Die WILD-Methode ist zwar einfach erklärt, aber schwer zu lernen. Das Üben der anderen luziden Traumtechniken erhöht deine Chancen dafür, eines Tages auch die WILD-Technik zu beherrschen.
6. Die Dream Induced Lucid Dream-Methode (DILD)
Bei dieser Methode des luziden Träumens nutzt du den Moment im Schlaf, wo du mitten im Traum bemerkst, dass du träumst. Dieser Moment ist perfekt, um den Wechsel zwischen normalem und luzidem Träumen zu vollziehen, denn ab diesem Augenblick kann es dir gelingen deinen Traum zu steuern. Wichtig ist dafür, dass du zuvor bereits dein Traumbewusstsein ausreichend trainiert hast.
Wie man aus einem luziden Traum aufwacht
Manchmal möchtest du vielleicht aus einem luziden Traum aufwachen. Luzide Träumer wenden hierfür verschiedene Techniken an.
Versuche die folgenden Methoden, um aus einem luziden Traum aufzuwachen:
- Rufe um Hilfe: Es heißt, dass das Schreien in deinem Traum deinem Gehirn sagt, dass es Zeit ist, aufzuwachen. Oder wenn du es schaffst, laut zu sprechen, kannst du dich selbst wecken
- Blinzeln: Wiederholtes Blinzeln kann deinem Geist helfen, sich auf das Aufwachen vorzubereiten
- Im Traum einschlafen: Wenn du dir bewusst wirst, dass du träumst, schläfst du in deinem Traum ein, damit du im wirklichen Leben aufwachen kannst.
- Lesen: Versuche in deinem Traum ein Schild oder ein Buch zu lesen. Dies könnte Teile deines Gehirns aktivieren, die in der REM-Phase nicht verwendet werden
Was bewirkt luzides Träumen?
Es gibt viele Hinweise darauf, dass luzides Träumen therapeutische Wirkungen hat und Menschen bei verschiedenen Problemen helfen kann:
- Alpträume überwinden:
Es ist normal, ab und zu einen Albtraum zu haben. Etwa 50 bis 85 % der Erwachsenen haben gelegentlich Albträume. Wiederkehrende Albträume können jedoch Stress und Angst verursachen. Sie werden häufig in Verbindung gebracht mit:
- posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
- Depression
- Angst
- Stress
- Schlafstörungen wie Schlaflosigkeit
- Medikament
- Drogenmissbrauch
Luzides Träumen kann helfen, indem der Träumer den Traum kontrolliert. Wenn ein Träumer weiß, dass er träumt, kann er außerdem erkennen, dass der Albtraum nicht real ist.
Luzides Träumen wird häufig in der Bildprobe (IRT) eingesetzt. Im IRT hilft dir ein Therapeut dabei, einen wiederkehrenden Albtraum mit einer anderen, angenehmeren Handlung neu zu interpretieren.
In Verbindung mit kognitiver Verhaltenstherapie (CBT) kann eine IRT mit klarer Trauminduktion dazu beitragen, die Traumkontrolle zu verbessern.
Eine andere Studie der Fachzeitschrift Dreaming aus dem Jahr 2017 untersuchte diesen Effekt. 33 Militärveteranen mit PTBS und wiederkehrenden Albträumen erhielten CBT mit IRT oder CBT allein. Die Gruppe, die CBT mit IRT erhielt, erfuhr eine höhere Traumkontrolle, was den durch Albträume verursachten Stress reduzierte.
- Angst lindern
Die meisten wissenschaftlichen Forschungen haben sich auf PTBS und Albtraum-induzierte Angst konzentriert. Anekdoten zufolge kann luzides Träumen aber auch Angstzustände lindern, die aus anderen Gründen verursacht werden.
Menschen, die die Fähigkeit des luziden Träumens beherrschen, berichten davon, dass sie durch die Kontrolle ihrer Träume Situationen begegnen können, die ihnen Angst machen.
- Verbessern der motorischen Fähigkeiten
Luzides Träumen kann ebenfalls der körperlichen Rehabilitation zugutekommen. Ein Artikel im Fachmagazin Medical Hypotheses beschreibt, dass geistiges Training motorischer Fähigkeiten auch die körperliche Ausführung dieser Fähigkeit verbessern kann.
Dies deutet darauf hin, dass Menschen mit körperlichen Behinderungen motorische Fähigkeiten üben können, während sie luzid träumen.
Die Autoren des Artikels spekulieren, dass Menschen ohne körperliche Behinderung möglicherweise luzides Träumen nutzen könnten, um ebenfalls ihre motorischen Fähigkeiten zu verbessern.
- Leistungsfähigkeit steigern
Durch die effektive Nutzung deiner Schlafphasen kann es sein, dass du dich nach einer Nacht mit luziden Träumen am nächsten Morgen ausgeschlafener fühlst, als wenn du normal geträumt hättest. Dadurch wächst auch dein Leistungspotential und deine Konzentrationsfähigkeit. Es fällt dir also leichter, alltägliche Aufgaben und Herausforderungen zu meistern. Das Erlernen von luzidem Träumen erfreut sich daher bei sogenannten Biohackern und Selbstoptimierern immer größerer Beliebtheit.
- Traumzeit richtig nutzen
Wer es gelernt hat, seine Träume bewusst zu steuern, kann seine Traumphasen mit etwas Übung durchaus auch für sinnvolle Tätigkeiten nutzen. Vielleicht musst du gerade für einen Test lernen oder bist gerade dabei Vokabeln für eine Fremdsprache durchzugehen. All das kannst du mit erprobtem luzidem Träumen ganz einfach im Schlaf machen. Damit sparst du Zeit am Tag und kannst dich anderen Dingen widmen. Bei diesem Punkt ist jedoch Vorsicht geboten. Es ist sicherlich nicht erstrebenswert, alles bis ins letzte Detail zu kontrollieren. Manche Schlaf- und Traumphasen sollten auch einfach nur der absoluten Entspannung und Erholung von dem normalen Alltag dienen. Du solltest es also generell nicht zum Ziel machen, möglichst viel der Tages-Denk-Aufgaben in die Nacht zu verlagern.
Was muss man bei luziden Traumtechniken beachten?
Bei manchen Menschen können die Techniken zur Herbeiführung luzider Träume auch negative Auswirkungen haben. Dies gilt auch, wenn die Methoden zum luziden Träumen nicht fachgerecht angewendet werden.
Negative Aspekte können sein:
- Schlafstörungen: WBTB und MILD beinhalten das Aufwachen mitten in der Nacht. Diese Unterbrechungen können es schwierig machen, sich ausreichend auszuruhen, insbesondere wenn du bereits an einer Schlafstörung leidest oder einen unregelmäßigen Schlafrhythmus hast
- Derealisierung: Schlafstörungen können zur Entrealisierung oder zum Gefühl führen, dass Menschen, Dinge und deine Umgebung nicht real sind
- Depression: Die Schlafunterbrechungen von luziden Traumtechniken können depressive Symptome verstärken
- Schlaflähmung. Klares Träumen kann mit Schlaflähmungen auftreten, die kurz und dennoch furchterregend sein können. Außerdem können Schlafprobleme das Risiko einer Schlaflähmung erhöhen
Wann ist ein Arzt aufzusuchen?
Besuche deinen Arzt, wenn du Folgendes erlebst:
- häufige Albträume
- Albträume, die regelmäßig den Schlaf stören
- Angst vor dem Schlafen
- traumatische Rückblenden
- emotionale Veränderungen
- Gedächtnisprobleme
- Schlafstörungen
Diese Symptome können auf PTBS, ein psychisches Problem oder eine Schlafstörung hinweisen. Dein Arzt kann feststellen, ob eine Therapie mit luzidem Träumen für dich geeignet ist.
Das Resultat luziden Träumens
Luzides Träumen findet immer dann statt, wenn du dir bewusst bist, dass du träumst. Oft kannst du die Handlung und Umgebung des Traums steuern. Ein luzider Traum tritt während der REM-Schlafphase auf.
In der Therapie kann luzides Träumen dabei helfen, Erkrankungen wie wiederkehrende Albträume und PTBS zu behandeln. Forscher glauben, dass dies auch die körperliche Rehabilitation, sowie die Leistungsfähigkeit am Tag unterstützen könnte.
Wenn du luzid träumen möchtest, probiere die oben aufgeführten Techniken aus. Diese Methoden können deinen Geist trainieren, damit du dich während des Schlafes bewusst wahrnehmen kannst. Es ist am besten, einen Arzt aufzusuchen, wenn du eine Schlafstörung, eine PTBS oder ein anderes psychisches Problem zu haben scheinst. Eine selbst vorgenommene Therapie kann in solchen Fällen äußerst gefährlich sein und sollte deshalb stets unterlassen werden.
Über den Autor: Jonas Zeppenfeld studiert Wirtschaftspsychologie. Vor einigen Jahren begann er im Affiliate-Marketing und entdeckte im Rahmen dessen seine Begeisterung für die persönliche Entwicklung und Entfaltung. Seit 2019 trainiert er selbst Auszubildende und duale Studenten mit einem von ihm entwickelten Programm, jenes er „MastermindZ“ nennt. Seine Webseite: www.mastermindz.de.
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Schöner Artikel. Stimme allem zu, profunde Arbeit. Nur einen Widerspruch habe ich: die Schulmedizin kann gar nicht helfen und macht alles nur schlimmer. Deshalb würde ich den Gang zum Arzt nicht empfehlen. Den zum Psychotherapeuten oder/und Heilpraktiker schon. Ich gebe übrigens Oneironautentrainings (Klartraumworkshops) auf Spendenbasis.