Traumtagebuch ist eine Reihe, in welcher ich von denkwürdigen Trüb- oder Klarträumen berichte. Um diese Aufzeichnungen verstehen zu können, ist Grundlagenwissen im Klarträumen und Astralreisen vorteilhaft, jedoch kann man auch mit einer unvoreingenommenen Lesart an die Texte herangehen:
„Kommst du mit?“ Ein unbekannter Mann zeigt auf ein grünes Tal, in welchem in weiter Ferne ein kleines Feuer brennt. Es ist taghell, die Luft ist frühlingsfrisch, das Feuer und das Tal wirken österlich …
Nein, denke ich und wende mich ab.
Damit – mit dem Abwenden – ändert sich das Setting. Der Boden unter mir beginnt zu beben, Militärflugzeuge dröhnen über mich hinweg … Ich bin in einer Stadt, die gerade bombardiert wird. Im Haus neben mir „bricht die Hölle los“. Kinder schreien, halb verbrannte Hunde laufen auf die Straße …
Nicht wissend, ob es besser ist, in ein Haus zu fliehen oder auf offener Straße zu bleiben, laufe ich einfach los. Doch in diesem Moment erkenne ich vage die „falsche Realität“ – nämlich nicht die meine. Meine Realität heißt „Tanja Braid“ und zu diesem Nahmen gibt es eine Biographie samt Persolanausweis. Jedoch keinen Krieg.
Doch schon stirbt das Quentchen Bewusstsein, als ich mich nach links wende und dort ein Haus sehe. Das Kriegsszenario weicht einem weichen Ambiente, das mit Schönheit und Heimeligkeit, aber auch mit einer Art besonderer Macht einhergeht …
Diese Attribute/Assoziationen kumulieren im Aussehen des Hauses, in der Würde und Majestät der Gemäuer und in der Ruhe, die das Haus umgibt.
Ja, es muss meines sein!, denkt entweder ich, mein Ego oder irgendeine kindliche Anwandlung.
Als ob dieser Gedanke mich teleportieren könnte, bin ich augenblicklich in dem Haus. Das Interieur ist klassisch und elegant. Jedes Möbelstück, jeder Gegenstand hat eine magische Ausstrahlung …
Plötzlich fällt mir ein, dass die Haustür offen steht und ich diese zusperren muss.
Wieder, als ob Gedanken teleportieren könnten, bin ich sofort bei der Haustür. Sie ist tatsächlich nur angelehnt. Ich schließe sie, doch der Riegel rastet nicht ein. Ich versuche es ein paar Mal, doch es funktioniert nicht. War diese Tür verzogen? Konnte sie überhaupt einrasten …?
Ich probiere die Gewicht-Methode und drücke mich schwungvoll mit der Schulter dagegen. Im selben Moment baut sich ein gewaltiger Druck von außen auf. Polternd werde ich zurückgedrängt, eine große, aggressive Kraft zerschmettert die Tür, eine Axt wird sichtbar und dahinter eine männliche Kreatur, die die Axt über meinem Körper rotieren lässt …
Er kreischt. Er ist nicht menschlich, eher übermenschlich und sein Gesicht eine brutale Fratze. Bevor die Axt auf meinem Unterarm fällt, offenbar um diesen abzutrennen, falle ich in eine Art Koma.
(Es ist dies kein Koma im eigentlichen Sinn, eher ein innerer Rückzug in wieder andere Traumrealitäten …)
Als ich die Augen öffne, blicke ich weit hinauf in einen eisengrauen Himmel. Hoch oben fliegen ein paar Vögel …
Ich liege inmitten von kreideweißen Trümmern.
Wieder streift mich das Bewusstsein, das dies nicht echt ist und den gültigen Gesetzen des bekannten Alltags widerspricht. Kurze Erinnerungsfetzen des Traumgeschehens, das österliche Feuer, der Krieg, das Haus und die brutale Kreatur, vermengen sich zu der Erkenntnis, dass dies ein Traum sein könnte. Doch erst der vage Ärger, dass ich ob der Unbewusstheit soviel Unangenehmes erleben muss, daher wie ein Stück Treibholz im Traum-Meer herumgeworfen werde, lässt mich im wahrsten Sinne des Wortes klar werden.
Da oben, so denke ich, bei den Vögeln, wäre es sicher angenehmer als hier unten in den Trümmern.
Mit diesem Wunsch konzentriere ich mich, jedoch noch ohne klare Intention. Doch plötzlich schieße ich pfeilgerade nach oben, wobei das Loslösen vom Boden mit einem Geräusch einhergeht, das wie das Öffnen von Klettverschluss klingt.
Offenbar klebte ich irgend an den Trümmern fest, dies jedoch nicht äußerlich, sondern eher physisch und seelisch, als ob ich selbst der Klettverschluss gewesen wäre …
Das Emporschießen ist wenig elegant. Ich fühle mich wie ein Feuerwerkskörper, der senkrecht nach oben startet.
Dies, das Kleben und Emporschießen, kann phonetisch (besser) mit „Ratsch“ und „Zisch“ veranschaulicht werden, was natürlich – auch für mich im Traum – für etwas Heiterkeit sorgt(e).
Hoch oben lichten sich die Wolken etwas. Mildes Sonnenlicht tüncht alles mit einer pastellfarbenen Palette. Da komme ich zum Stillstand und gleite nun gemächlich vorwärts durch die Wolken.
Wie schön, denke ich. Aber: Wie fliege ich denn …?
Mehr als kurios. Anstatt wie Superman durch den Himmel zu gleiten, mit heroisch vorgestreckter Hand und einigermaßen aerodynamischer Köperhaltung, schneide ich wie ein senkrecht stehendes Messer durch die Wolken. Kopf oben, Füße unten.
Oh, und nackig bin ich auch.
Das erheitert mich.
Doch obwohl ich mir mit aller Macht Kleidung wünsche und meinen Körper in „Superman-Pose“ bringen möchte, klappt weder das eine noch das andere.
Gut, denke ich, niemand sieht mich, es ist (m)ein Traum und was solls … Außerdem sind die Wolken wunderschön golden und weich und pastellfarben – und mehr noch …!
Da sind Bilder und Szenen im Inneren der Wolken. Sie sind Echos oder Projektionen von anderen Menschen/Leben/Epochen … Doch nichts davon ist irgend schrecklich, sondern es sind lebende, sich permanent verändernde Gemälde in sehr dezenten, weichen und glänzenden Farben …
Es ist atemberaubend. Sowie sich die Wolken verändern, formen sich immer wieder neue Gemälde aus …
So fliege ich in eine Weile dahin, bis mein Bewusstsein wieder eintrübt, d. h. ich nicht mehr weiß, dass ich träume. Es folgen wieder tumultartige Überwerfungen und schnelle Szenenwechsel. Doch wenig später wache ich auf und erinnere mich …
Ich denke jetzt, wo ich das schreibe, dass ich wie ein Tourist im schönsten Ideenland der Menschen war, ohne zu wissen, was die Botschaft der Ideen ist: So wie heute Menschen vor urzeitlichen Felszeichnungen stehen und staunen, ohne im Detail zu wissen, was die Zeichnungen (nebst vielen Interpretationen) wirklich bedeuten.
Weitere Informationen zum Thema Luzides Träumen – Begriffsgeschichte und Überblickswissen von den Anfängen bis zur Moderne, Literatur- und Filmempfehlungen – klick auf Klarträumen.
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